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Oft unbemerkt steigt der Harnsäurespiegel, aber dann – ganz überraschend – ist der schmerzhafte Gichtanfall da…
Schon zu Zeiten Wilhelm Buschs wusste man, dass zu wenig Bewegung kombiniert mit fett- und fleischreicher Kost sowie reichlich Alkohol sehr unangenehme Folgen haben kann. Der Volksmund nannte die Krankheit „Zipperlein“, was wir heute unter der Bezeichnung Gicht kennen.
Was man damals noch nicht wusste: Gicht ist meist eine erblich bedingte Erkrankung der Niere.
Ein akuter Gichtanfall ist durch Schwellungen, Hautrötungen und starken Schmerzen an meist einem Gelenk charakterisiert. In den meisten Fällen ist das Grundgelenk des großen Zehs betroffen, wobei die Schmerzen auch bis zum Knöchel und in benachbarte Gebiete ausstrahlen können.
Die Haut im betroffenen Bereich ist heiß und extrem berührungsempfindlich. Begleitend kommt es zu Fieber, erhöhtem Puls und einem allgemeinen Krankheitsgefühl. Unbehandelt zieht sich die Entwicklung eines Schubs 6 bis 10 Tage hin. Nach dem ersten akuten Anfall können Wochen, Monate sogar Jahre ohne weitere Komplikationen vergehen.
Unbehandelt wiederholen sich die Anfälle aber in kürzeren Abständen. Außerdem zerstört die Gicht dann die Gelenkknorpel (Sekundär-Arthrose) und schränkt die Nierenfunktion nachhaltig ein (sogenannte Gichtniere). Man spricht dann von einer chronischen Gicht.
Harnsäurekristalle sind die eigentlichen Verursacher der Akutbeschwerden. Eine Erhöhung des Harnsäurespiegels im Blut, meist durch eine angeborene Ausscheidungsschwäche von Harnsäure in den Nieren verursacht, führt zu Ablagerungen von Harnsäurekristallen in Gelenken und Geweben. Die Löslichkeit der Harnsäure ist von Temperatur und pH-Wert abhängig. Häufig nachts, bei erniedrigter Körpertemperatur, kommt es zur Ablagerung der scharfkantigen Uratkristalle. Das Immunsystem reagiert mit einer Entzündung. Im dadurch sauren Gewebe kristallisiert weitere Harnsäure aus. Am häufigsten betroffen ist das Großzehengrundgelenk, seltener auch Sprunggelenk, Fußwurzel, Knie- oder Fingergelenk.
Unter der Haut, z. B. am Ohr oder am Finger, können perlenartige Verdickungen durch Harnsäure-Ablagerungen (Tophi) sichtbar sein.
Man schätzt, dass in den Industrienationen 30 % der Männer und hormonbedingt nur 3 % der Frauen krankhaft erhöhte Harnsäure-Blutspiegeln haben („Hyperurikämie“, über 400 µmol/l). Jeder Zehnte von ihnen wird durch eine Gichtattacke oft schmerzhaft mit den Auswirkungen konfrontiert.
Einen großen Einfluss auf die Auslösung des akuten Gichtanfalls hat die Ernährung, vor allem der Verzehr von purinhaltigen Lebensmitteln und Alkohol. (z. B. eine Grillfeier mit Bier und reichlich Fleisch.) Nahrungsmittel mit einem hohen Eiweißgehalt sind häufig auch reich an Purinen. Ebenso kann jedoch Fructose (Fruchtzucker) zu einem starken Harnsäureanstieg führen.
Die Harnsäure kommt im Körper überall vor. Sie entsteht als Endprodukt im Purin-Stoffwechsel. Purine werden sowohl im Körper gebildet als auch durch die Nahrung aufgenommen werden. Durch die krankhafte, zu niedrige Ausscheidung von Harnsäure in den Nieren erhöht sich der Harnsäurewert im Blut mit den bekannten Folgen.
Begünstigt werden die Ablagerungen der Harn-säurekristalle durch starkes Schwitzen, geringe Trinkmengen, Alkohol und purinreiche Nahrung. Neben den feuchtfröhlichen Festen können jedoch auch radikales Fasten oder eine Nulldiät durch die Beeinflussung der Harnsäure-Ausscheidung zum Gichtanfall führen.
Außerdem verursachen Nierensteine aus Harnsäure oft Nierenkoliken.
Eine Umstellung der Ernährung auf eine purinarme Kost ist die Basis der Gichttherapie. Als Ziel der Behandlung gilt eine dauerhafte Senkung der Harnsäurekonzentration im Blut auf unter 360 µmol/l (bei Tophi sogar <300 µmol/l).
Treten bei Werten bis zu 500 µmol/l keine akuten Probleme auf, sind in der Regel Diätmaßnahmen ausreichend. Bei Harnsäurespiegeln darüber bzw. bei dem Auftreten von Komplikationen wie Gichtanfällen oder Nierensteinen ist zusätzlich die regelmäßige Einnahme von Medikamenten indiziert. Das geschieht als Dauertherapie über mindestens fünf Jahre. Häufig wird hier der Wirkstoff Allopurinol (verschreibungspflichtig) zur Behandlung eingesetzt, der die Harnsäurebildung hemmt.
Für den akuten Anfall, verordnet der Arzt zumeist Schmerzmittel oder auch ein pflanzliches Medikament, dass aus der Herbstzeitlosen (giftig!) gewonnen wird. Hier muss die Dosierung genau befolgt werden. (max. 6 mg Colchicin pro Gichtanfall, das entspricht höchstens 12x 25 Tropfen Colchysat®).
(Therapie-Infos siehe: S2e-Leitlinie „Gichtarthritis“)
Purinarme Ernährung hilft Ihren Harnsäurespiegel zu senken. Achten Sie daher auf den Purin- bzw. Harnsäuregehalt der Lebensmittel. In Ernährungs-Tabellen werden Puringehalte oft gleich in Harnsäure umgerechnet dargestellt. Die Zufuhr von Harnsäure sollte etwa 500 mg pro Tag bzw. 3000 mg pro Woche nicht überschreiten.
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